Foto: Annie Rohse
Gerade jetzt nach unserem Umzug fühle ich mich wieder wie nach der Hochzeit. Ich erinnere mich noch allzu gut: das letzte Konfetti ist buchstäblich zusammengekehrt, die Gäste schon seit Wochen abgereist, die Geschenke ausgepackt, die letzte Dankeskarten verschickt und das Fotoalbum fertig. Und dann? Erstmal nichts. Leere. Wehmut. Nostalgie. Nach der Hochzeitszeit. Nach dem aufregenden Kribbeln in Vorfreude auf den Tag. Und das Fest. Und den Mann und das Kleid. Mit dem Umzug war es ähnlich. Vorfreude auf den Tag. Anstrengung und Stress. Aber jetzt, da (fast) die letzte Kiste ausgepackt ist, trifft mich doch die Realität und der Arbeitsalltag wieder. Und holt mich auf den Boden. Da habe ich an euch denken müssen, an die Bräute, die vielleicht vor Kurzem schon geheiratet haben und es vermissen, diese Hochzeitswelt. Und darüber traurig sind. Wie ich damals. Zumindest hat es mich, ich gestehe, zu merkwürdigem Verhalten gebracht: Ich habe etwa mein Brautkleid aus seiner Aufbewahrungsbox geholt und einfach gern angeschaut, oder ich habe die Hochzeitsfotos mit mir rumgeschleppt – wie eine Visitenkarte – und jedem gezeigt (mehrmals) und (zu viel) über den Tag geredet. Mich wunderts dass ich keine einstweilige Verfügung gegen “Hochzeitserinnerungen” bekommen habe (“Hallo, ich heiße Barbara und ich bin Hochzeitssüchtig?” #anonymerclubderbräute)… Aber ich schweife ab. Solch ein Tief nach dem Fest wurde von amerikanischen Psychologen tatsächlich als weitverbreitetes Phänomen ausgemacht. Angeblich soll jede zehnte Frau nach der Hochzeit an sogenannter ‘post-bridal depression’ leiden, also einem nachhochzeitlichen Blues (mehr dazu hier im Fokus). Frau fühle sich danach melancholisch und leicht traurig – ist schließlich ein großes Lebensprojekt plötzlich vorbei!
Sarkastisch gesprochen könnte ich sagen: die Gesellschaft hat sich da ein tolles Mittel dagegen einfallen lassen: Einfach ein Baby bekommen! Ha! Was bin ich doch in den Monaten NACH der Hochzeit damit belagert worden und dann oft mit Unverständnis angesehen worden, dass wir tatsächlich JETZT noch kein Kind möchten. Unvorstellbar, oder? Eine verheiratete Frau im 21. Jahrhundert, die nicht sofort schwanger wird nach der Hochzeit. Da habe ich auch mal patriarchale Konventionen in den Wind geschossen. So jetzt habe ich es einfach mal gesagt. Aber wie ich in den Wochen nach der Hochzeit und jetzt wieder nach dem Umzug gemerkt habe, es gibt Abhilfe, auch ohne ein Kind zu bekommen, gegen die post-bridal Depression!
1. Aufräumen & Ausmisten
Um besser loslassen zu können, hilft es aufzuräumen und auszumisten. Liegen noch ungenützte Flyer von einer Hochzeitsmesse bei euch zu Hause? Oder Menükarten von Caterern, die ihr nie gebucht habt? Lasst los und gebt sie weg. Nehmt auch den “lästigen” Papierkram in Angriff, also falls ihr euren Namen geändert habt, meldet euch um und erledigt die nachhochzeitlichen Ämtergänge! Ich gestehe es gleich: Das ist der Punkt, der mir am schwersten fällt, weil ich ein Souvenireichhörnchen bin und sogar nicht benutzte Servietten aus einem britischen Pub als “Souvenir” und aufbewahrungswürdig einstufe, so geschehen auch mit Hochzeits”souvenirs”. Nach der Hochzeit haben wir es aber gemacht: Gemeinsam und es tut so gut. Buchunterstützung gibts auch: Tausche Chaos gegen Leichtigkeit oder Richtig ausmisten. Gerümpelfrei leben (hat mich ins Grübeln gebracht. postiv.)
2. Ein neues Projekt muss her!
Nach dem Heiratsantrag bei mir im April 2012 hatte ich sage und schreibe 16 Monate (da haben fast nur Elefanten eine längere Tragezeit) Zeit, um mich richtig schön meinem Hochzeitswahnsinn hinzugeben. 16 Monate war ich im Brauthimmel und die Planung wurde sowas wie unser Hobby: Wochenende? Das hieß bei uns 2012–2013 oft irgendwohin fahren, um mit irgendwem über irgendwas hochzeitliches zu reden, etwas hochzeitliches zu buchen oder zu kaufen…… Und auch Verwandte und Freunde waren quasi im Hochzeitsfeierbund eifrig dabei: “Und, wie läuft’s denn? Hast du schon ein Kleid? Wie sieht es aus?” schoss es mir oft entgegen und in meinem Kopf kreisten jede Menge hochzeitliche Gedanken….Ein Grund für depressive Neigung nach der Hochzeit ist, weil man einen langen Zeitraum hatte, um sich auf das Projekt zu freuen und vorzubereiten. Ist es vorbei, fällt man in ein Loch. Daher: ein neues Projekt muss her! Die Wohnung etwa neu dekorieren? Eine Reise? (auch nochmal nach den Flitterwochen)
3. Kümmert euch um euch selbst!
Die Hochzeitszeit ist schon toll: Ich konnte schnell nach der Arbeit zum Friseur zum Probefrisrstecken, zum Brautkleidkaufen und einfach so viele Dinge, bei denen man sich um sich selbst kümmert. Warum nach der Hochzeit damit aufhören? Plant doch diese kleinen Rituale weiterhin ein! Falls ihr vor der Hochzeit euren monatlichen Friseurbesuch wegen Brautfrisur genossen habt, dann macht das doch einfach weiter! Oder plant einen regelmäßigen Wellnesstag ein. Habt ihr euren JGA so sehr genossen, weil alle eure Freundinnen auf “einem Haufen” dabei waren und es herrliche Cake Pops und einen gemeinsamen Stadtrundgang gab? Warum das nicht wiederholen? Ihr seht, nur weil die Hochzeit nicht mehr ist, müsst ihr nicht auf liebgewonnene Gewohnheiten verzichten
4. Macht was mit dem Mann!
Ja, genau. Der Sinn der Hochzeit: Jetzt seid ihr ja verheiratet. Redet mit ihm, wenn ihr euch traurig fühlt oder den Nachhochzeitsblues kommen fühlt. Und vor allem: Macht was zusammen! Genießt die Zeit zu Zweit auch nach den Flitterwochen! Macht Ausflüge, fahrt über Wochenende weg, einen Städtekurztrip oder belegt gemeinsam einen Kurs in eurem Verein.
5. Ein Dankbarkeitstagebuch und die kleinen Dinge wertschätzen
Zugegeben, gerade vor zwei Wochen ging es mir gar nicht gut. Da hatte ich den Umzugsblues. Alles war anders. Alles war ungewohnt. Leere in mir und die alten Gewohnheiten plötzlich weg. Was mir wahnsinnig geholfen hat: Ein Dankbarkeitstagebuch. Meines war zufälligerweise in einer älteren Ausgabe der Flow dabei. Als es mir beim Auspacken in die Hände fiel, habe ich damit angefangen. Aufzuschreiben., wofür ich dankbar bin, jeden Tag. Das hilft ungemein, die kleinen Dingen mehr zu schätzen und nicht aus dem Blick zu verlieren. Seitdem habe ich zumindest das Gefühl, dass mir die Umgewöhnungsphase leichter fällt. Vielleicht wäre dsa ja auch was für “nach der Hochzeit”? Ihr könnt euch einfach ein Blanko-Notizheft kaufen und jeden Tag 2 Sätze festhalten, was euch an genau diesem Tag gefallen hat, wofür ihr dankbar seid, was euch überrascht hat, Freude bereitet hat.
… mit allen Dingen, die ihr diesen Sommer erleben wollt. Hier etwa meine Liste für nach der Hochzeit. Das gibt neuen Fokus und vor allem freut ihr euch dann auf so viele Dinge! Das macht Spaß sie abzuhaken und sie zu erleben. Also nix wie ran an den Stift, und losschreiben. Z.B. Einen Ausflug ans Meer machen, die beste Freundin besuchen, Pralinen machen lernen, nach Hamburg fahren und und und.
7. und wenn selbst das alles nichts hilft…
….Hochzeitsplaner werden, oder Hochzeitsblogger (räusper). Jetzt wisst ihr, wie es bei mir lief. Nein Scherz beiseite! Hat es euch unheimlich Spaß gemacht, ein Fest zu organisieren? Dann nutzt eure neugewonnenen Fähigkeiten und versucht, sie einzubringen. In der Verwandtschaft gibt es sicherlich bald einen großen Geburtstag, eine Taufe oder ähnliches. Seid bei Freundinnen behilflich für den JGA. Falls ihr die DIY-Bastelleidenschaft bei der Hochzeit entdeckt habt, könnt ihr damit auch danach heiter weiter machen. Lasst euch inspirieren! Seid kreativ!
Und falls ihr euch fragt, was ich in Folge des Blues gemacht habe? Also ich habe die “little Wedding Corner” begonnen, wir sind ans Meer gezogen (nicht ganz England), ich habe das Fotografieren angefangen und zusammen machen wir jetzt immer Ausflüge an die Küste, das hatten wir uns am meisten gewünscht, schon zu unserer Hochzeit. Nur Hochzeitsfotos zeige ich im Bekanntenkreis nicht mehr her. Das ist aber okay. Und vielleicht plane ich ja eine “Vow Renewal”, also eine Zeremonie, um das Eheversprechen zu erneuern. Das wärs! Und dann fängt alles wieder von vorne an…
Damit es euch nicht so geht und ihr euch nach der Hochzeit nicht hängen gelassen fühlt, möchte ich daher mit meiner Kolumne ‘Mein Leben {Danach}‘ euch auch schrittweise nach der Hochzeit begleiten – sozusagen langsam an den Alltag gewöhnen. Dabei berichte ich auch von den Pleiten, Pech und Pannen des Ehelebens. Denn schließlich ist die Ehe ja eigentlich der fundamentalste Bestandteil der Hochzeit, oder??
Und was sagt ihr zur Zeit nach der Hochzeit? Ging es euch ähnlich? Oder gar nicht so? Habt ihr noch Tipps vielleicht oder Erfahrungen, die ihr hier teilen möchtet? Dann freu ich mich wie Bolle auf eure Kommentare – hier unten drunter….
Ganz viele liebe Grüße aus meiner kleinen Hochzeitsecke,
Liebe Barbara,
das ist ein supersüßer und hilfreicher Blogbeitrag!
gefällt mir sehr gut…
übrigens – ich bin inzwischen 3 Jahre nach unserer Hochzeit Event-Designerin (räusper)
alles Liebe aus Wien
Stefanie die Fee (TLWC-Fan)
Liebe Stefanie, vielen herzlichen Dank dir für die lieben Worte! Mir liegt das Thema selbst sehr am Herzen, deswegen freut es mich umso mehr, wenn der Beitrag hilfreich ist ;-)! Liebe Grüße, Barbara
Hej Barbara, wieder einmal super geschrieben!
Mir ging es ähnlich nach unserer Hochzeit: mich hat das Thema Hochzeiten auch nicht losgelassen und schwupps: nun bin ich Hochzeitsfotografin und LIEBE es! So kann ich quasi jedes Wochenende wieder aufs Neue diese diese Magie zwischen zwei Menschen miterleben <3
Herzliche Grüße aus Kiel
Maren***
Liebe Maren, ganz lieben Dank dir! Und was für eine wunderschöne Geschichte, wie du Hochzeitsfotografin wurdest. 😉 Kann dich so verstehen! Herzliche Grüße aus Lübeck nach Kiel, Barbara
Hallo Barbara, toller Artikel…was es nicht alles gibt?! Aber gut nachvollziehbar. Wer kennt es nicht in ein tiefes Loch zu fallen, wenn es auf einmal nix mehr zu tun gibt…ich bin dann mal wech (wie man ja hier im Norden sagt) und renoviere 😉 Lg Johanna
Liebe Johanna! Danke dir von Herzen! UNd was es nicht alles gibt 😉 Liebe Grüße, Barbara
Liebe Barbara,
dein Post kommt genau zur richtigen Zeit. Seit einem Monat bin ich nun verheiratet, bin gerade dabei die letzten Dankeskarten zu schreiben und zu versenden und dann ahne ich schlimmes: Was dann? Ich mein, vor der Hochzeit ging es doch auch und nun auf einmal stehe ich wirklich vor einem Loch? Wie kann das sein? Jedenfalls hilft mir dein Beitrag enorm. Er zeigt mir, dass ich nicht alleine bin mit meinen Gefühlen und vor allem zeigt ihr mir so viele Wege, wie es nun weitergehen kann. Ein kleiner Gedanke keimte da schon in mir heran und wer weiß: Vielleicht werden meine kleinen Träume ja wahr. Mit der Hochzeit hat das ja auch geklappt 😉
Vielen Dank auf jeden Fall für deine Zeilen. Sie sind großartig!
Ich wünsche dir ganz viele wunderbare Momente in eurem zauberhaften neuem Heim. Lass es dir gut gehen.
Liebste Grüße,
Sarah
Liebe Sarah, ganz herzlichen Dank dir für deine lieben Worte!! Das hat mich gerade richtig von Herzen berührt; ich weiß noch genau, wie es mir “Danach” ging und deshalb bin ich umso mehr erfreut, wenn mein Beitrag dir helfen konnte. Ich bin auch schon ganz gespannt, welche Idee du hattest und drücke dir ganz fest die Daumen, dass dieser kleine Traum ebenfalls wahr wird. Falls du noch weitere Fragen hast, kannst du mir sehr gerne auch schreiben ;-)! Gegen den Wedding Blues, sozusagen. Herzliche Grüße, Barbara
Hallo Barbara,
DU SPRICHST MIR AUS DEM TIEFSTEN HERZEN..nie hätte ich gedacht, dass ich in das Nach-Hochzeits-Loch fallen werde. War ich doch dann mit all den Vorbereitungen und Kind im Schlepptau – ja wir haben das Kind erst bekommen 😉 – froh, als der grosse Tag dann endlich da war.
Und nun bin ich froh, über jede Art der Ablenkung, die sich mir gerade bietet, um dieses Loch irgendwie zu füllen ;-).
Ich bin echt dankbar, um deinen Blog, weil ich echt gedacht hab, ich bin weit und breit die einzige, die der tollen Zeit der Vorbereitung und auch diesen vielen netten Bekanntschaften, die man macht, nachtrauert.
Vielen Dank dafür!
Ein neues Projekt hab ich übrigens auch schon..nicht gerade WeddingPlanerin oä … ich kümmer mich jetzt mal um die vielen Bilder, die sich so angesammelt haben und versuch sie mal in eine schöne Form zu bringen…auch eine Art auszumisten 😉
Viele liebe Grüsse
Dany